"Hotel Mama": Müssen Kinder Kostgeld zahlen? Was kostet das "Hotel Mama" für Jugendliche mit eigenem Einkommen?
Dass Eltern stets alles tun, damit es ihrem Nachwuchs gut geht, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Und genauso selbstverständlich sollte es sein, dass der Sprössling im Laufe seiner Kindheit die fürsorgliche Hege und Pflege im Elternhaus als "All Inclusive Service" in Anspruch nehmen kann - abgesehen von ein paar wenigen Pflichten im Haushalt. Doch wie steht es mit "Kost und Logis frei", wenn das heranwachsende Küken zwar noch im heimischen Nest lebt, aber schon ein eigenes Einkommen durch eine Ausbildungsstelle oder einen Job hat? Muss der Jugendliche dann etwas von seinem Verdienst zu Hause abgeben und "Kostgeld" bezahlen?Mehr zum Thema
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"Kostgeld"-Gesetz existiert nichtVom deutschen Gesetzgeber werden diese Fragen jedenfalls nicht eindeutig beantwortet. So gibt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zwar die Grundlage, dass Verwandte in gerader Linie stets verpflichtet seien, einander Unterhalt zu gewähren und "dass ein unverheiratetes minderjähriges Kind von seinen Eltern die Gewährung von Unterhalt insofern verlangen kann, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit dafür nicht ausreichen" ("Bedürftigkeitsparagraph": BGB § 1602). Eine verbindliche Richtlinie bezüglich Jugendlicher, die selbst schon etwa als Lehrlinge eine Ausbildungsvergütung bekommen, aber dennoch nicht vollständig ihren Lebensunterhalt damit bestreiten können, ist dies aber nicht.
Ratlose Eltern wünschen sich KostenbeteiligungEntsprechend irritiert und ratlos wirken viele Väter und Mütter, die auf juristischen Chat-Portalen handfeste Tipps zu diesem Thema suchen und beispielsweise wissen wollen, ob und wie viel Geld man von seinen Kindern als "Haushaltsbeteiligung" erwarten könne.
So berichtet Magda etwa in einem der Foren: "Mein Sohn hat jetzt eine Lehrstelle angefangen und ist stolz, endlich selbst ein kleines Einkommen zu haben. Deshalb investiert er sein Geld auch am liebsten in seine diversen Freizeitaktivitäten und hat überhaupt keine Lust, etwas in die Haushaltskasse zu zahlen. Aber ist das okay so? Mein Mann ist Alleinverdiener und wir haben noch zwei jüngere Kinder und da wird es manchmal knapp am Ende des Monats. Ich würde mir deshalb schon wünschen, dass unser Ältester etwas zum Budget dazugibt."
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Und Bernd schreibt: "Ich muss mir auch mein Geld hart erarbeiten, um alles Nötige zu finanzieren. Da finde ich es nur gerecht, wenn auch unsere Tochter ihren Arbeitslohn als Azubis nicht nur für Klamotten und Schminke ausgibt, sondern auch etwas zu Hause beisteuert. Immerhin hat sie ja den ganzen Service wie Waschen oder Putzen noch dazu."
Eltern können angemessenen Beitrag zum Haushaltsbudget erwartenUm mehr Klarheit zu schaffen, bietet beispielsweise das Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB) eine hilfreiche Orientierung: Hier wird die Problematik "Kostgeld" unter dem Punkt "Kindesvermögen"( Artikel 323 Absatz 1 ZGB) bei Jugendlichen in Ausbildung nämlich etwas konkreter abgehandelt: Danach darf das eigene Geld zwar unter Verwaltung und Nutzung des Heranwachsenden stehen, doch können die Eltern von ihrem Kind auch verlangen beziehungsweise erwarten, dass es einen angemessenen Beitrag an seinem Unterhalt leistet, solange es noch zu Hause bei den Eltern wohnt.
Höhe des Haushaltsbeitrags immer im Familiengespräch klärenWie hoch ein "angemessener Beitrag" aber ist, muss individuell entschieden werden. 15 bis 30 Prozent des Azubi-Gehalts wären, so empfehlen Schweizer Rechtsberatungsstellen, gerechtfertigt. "Hotel Mama" darf also etwas kosten, auch wenn die Eltern grundsätzlich verpflichtet sind, bis zum Ende der Ausbildung für ihren Nachwuchs aufzukommen. Bevor allerdings Mütter und Väter pauschale Forderungen an ihre "verdienende" Brut stellen, ist es sinnvoll, sich vorher mit seinem Kind zusammenzusetzen und eine detaillierte Kostenaufstellung auf beiden Seiten vorzunehmen, um so nüchtern und "schwarz auf weiß" festzustellen, welchen Anteil das Kind zum Haushaltsetat beitragen könnte.
Tabelle: Azubi-Gehälter in verschiedenen Berufen
Detaillierte Budgetauflistung erklären und Kompromiss findenSo handhaben es auch Dirk und Susanne L. aus Frankfurt bei ihrem 17-jährigen Sohn. "Wir haben dann," so berichtet Susanne, "in einer ruhigen Stunde unserem Sohn, der jetzt etwa 330 Euro Ausbildungsvergütung erhält, eine ausführliche Ausgabenliste gezeigt, wo er genau sehen konnte, was unser Leben kostet - wie viel für Miete draufgeht oder was Strom, Wasser, Telefon aber auch die monatlichen Lebensmittelkosten ausmachen. Kinder haben oftmals gar keine Vorstellung, wie teuer die Lebenshaltung einer Familie ist. Das kann man eigentlich auch nicht erwarten."
Geeinigt hat sich die Familie dann schließlich auf 100 Euro monatlich als "Kinder-Zuschuss" zu "Hotel Mama". "Dass so ein Betrag natürlich nicht annähernd ausreicht, um alle Unkosten abzudecken, war uns völlig klar", kommentiert Vater Dirk. "Aber da wir nicht schlecht verdienen und nicht unbedingt darauf angewiesen sind, schien uns diese Summe angemessen. Das mag bei Alleinerziehenden mit einem kleinen Einkommen anders sein."
"Kostgeld" kann Selbstständigkeit und Eigenverantwortung fördernIm Blick haben Dirk und Susanne bei ihrer Forderung nach "Kostgeld" allerdings nicht in erster Linie das Aufpolstern der Familienkasse. Ihnen geht es vielmehr um pädagogische Aspekte: "Auf diese Weise entwickelt unser Sohn ein Bewusstsein, dass erarbeitetes Geld nicht nur für Shopping und Freizeit ausgegeben werden kann", erklärt Mutter Susanne. Immerhin werde ihr Sprössling bald volljährig und sei damit nicht mehr weit entfernt von einem selbstständigen und eigenverantwortlichen Leben außerhalb des elterlichen Hauses. So könnten Kinder noch im behüteten Nest lernen, dass verpflichtende, monatliche Abgaben einfach unvermeidbar zum Leben dazu gehören und dass immer nur ein Teil des Lohns zur freien Verfügung oder sogar zum Sparen übrig bleiben kann.
Alternative: "Kostgeld" sparen und für das Kind anlegenOb diese kostspielige Lektion beim heranwachsenden Nachwuchs tatsächlich so ankommt, bleibt abzuwarten. "Obwohl sich unser Sohn natürlich am Anfang total aufgeregt hat und uns vorwarf, dass wir ihm das Wenige, was er jetzt verdient, wegnehmen würden und dass wir Ausbeuter wären, hat er sich mittlerweile damit arrangiert, ebenfalls seinen Beitrag als angehender Erwachsener zum Haushalt beizusteuern", sagt Dirk. Was der 17-Jährige aber nicht weiß: Seine Eltern sparen sein "Kostgeld", um die Summe dann irgendwann als Zuschuss für ein Auto oder die erste eigene Wohnung an ihn zurückzugeben.
Nie das ganze Azubi-Gehalt einfordernAnderen weniger liquiden Familien, die eher auf das "Kostgeld" angewiesen sind, sei geraten, ebenfalls mit ihrem Nachwuchs in behutsame Verhandlungen einzutreten, dabei jedoch nie - gleichgültig wie knapp es mit der eigenen Kasse bestellt ist - den ganzen Ausbildungsverdienst einzufordern. Immer sollte ein einvernehmlicher Kompromiss gefunden werden, so dass die Kinder nicht den Eindruck gewinnen, sie bekämen Geld "abgeknöpft" und ihre Eltern "bereicherten" sich auf ihre Kosten. Sie müssen immer so viel von ihrem ersten hart erwirtschafteten regelmäßigen Lohn übrig behalten, dass sie sich auch mal etwas davon leisten können. Ansonsten ist alles eine Sache der Vereinbarung - ohne allerdings dabei den Anspruch auf "Kostgeld" einklagen zu können. Aber wer wollte das schon bei seinen eigenen Kindern.
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