"Zypern-Desaster trägt Merkels Handschrift" SPD-Chef Gabriel: "Zypern-Desaster trägt Merkels Handschrift"
Die SPD verschärft im Streit um die Zypern-Hilfen die Tonlage gegenüber der Bundesregierung und gibt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Schuld an der verfahrenen Lage im Inselstaat. "Auch wenn Angela Merkel davon nichts mehr wissen will: Das Zypern-Desaster trägt ihre Handschrift", sagte Parteichef Sigmar Gabriel "Spiegel Online". Zum Thema Bundestagswahl nichts mehr verpassen - folgen Sie dem "
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"Angela Merkel hat zugelassen, dass ein Land mit nur wenig mehr Einwohnern als dem Saarland die ganze Euro-Zone ins Chaos stürzt." Es sei nicht allein Finanzminister Wolfgang Schäuble gewesen, der verhandelt habe, sondern die Kanzlerin selbst, so Gabriel: "Sie hat beim Brüssel-Gipfel die Linie vorgegeben."
Gabriel warf der Kanzlerin vor, das Garantieversprechen für Kleinsparer mit ihrer Politik gebrochen zu haben. "Merkel ist mitverantwortlich dafür, dass in Zypern Kleinsparer die Zeche zahlen sollen - aber die Bankeigentümer ungeschoren davonkommen", so Gabriel. Die Kanzlerin habe zugelassen, dass erstmals in der Euro-Krise Kontoinhaber "faktisch teilenteignet" würden: "Sie hat damit das Versprechen, das sie 2008 gemeinsam mit Peer Steinbrück den deutschen Kleinsparern gegeben hat, für die Kleinsparer in ganz Europa verraten. Dieses Vertrauen in Europa wieder herzustellen, wird schwer."
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Gabriels harsche Kritik ist auch parteiintern von Relevanz. In der Bundestagsfraktion deutet sich erneut eine Auseinandersetzung über den richtigen Kurs in der Europapolitik an. Namhafte Sozialdemokraten plädieren für eine härtere Linie und drängen darauf, nur bei einem Bekenntnis Zyperns zur Finanztransaktionssteuer im Bundestag einem Hilfspaket zuzustimmen. Die Führungsriege um Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier scheut ein solches Junktim bislang - und verweist darauf, dass bislang nicht klar sei, worüber konkret abgestimmt werde.
Unmut in der Bundestagsfraktion über Zypern-LösungIn der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion habe es am Dienstagnachmittag über die Zypern-Frage eine ernsthafte Auseinandersetzung gegeben, berichten Teilnehmer. Es bestehe flügelübergreifend Unmut über die vergangene Woche verhandelte Lösung für den Inselstaat, die auch eine Zwangsabgabe für Kleinsparer vorsah und inzwischen vom Parlament auf Zypern abgelehnt wurde.
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Mehr als ein Dutzend SPD-Abgeordnete, so schildern es Teilnehmer, hätten sich in der emotional geführten Sitzung zu Wort gemeldet, darunter der Sprecher des pragmatischen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, und der Sprecher der Parlamentarischen Linken, Ernst-Dieter Rossmann. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück war aufgrund von Wahlkampfterminen in Bayern nicht anwesend. Am Abend erklärte er, die Beteiligung von Kleinsparern sei ein "eklatanter politischer Fehler" gewesen, der Ängste ausgelöst habe, die die Krise noch verschärft hätten.
In der SPD-Fraktion wird neben der Kanzlerin vor allem Finanzminister Schäuble für die umstrittene Verhandlungslösung für Zypern verantwortlich gemacht. Dieser habe für einen erheblichen Vertrauensverlust in die europäische Krisenpolitik gesorgt, indem er die Zwangsabgabe für Kleinsparer mitgetragen habe, beklagten Teilnehmern zufolge etliche Abgeordnete.
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In Teilen der SPD-Fraktion besteht jedoch auch Ärger darüber, dass die eigene Führungsspitze in der Zypern-Frage nicht eine stärkere Konfrontation mit der Bundesregierung sucht. Fraktionschef Steinmeier kritisiert das Agieren der Koalition, hält dem Vernehmen nach eine Zustimmung zu einem möglichen Rettungspaket aus europapolitischer Überzeugung aber für erforderlich.
Merkel könnte auf die SPD angewiesen seinKanzlerkandidat Steinbrück, der den Zusammenhalt Europas zu einem Kern seiner Kampagne gemacht hat, hatte vor Wochen mehrere Bedingungen an die zyprische Regierung gestellt. Steinbrück forderte unter anderem ein Bekenntnis zur Finanztransaktionssteuer und eine entschiedene Bekämpfung der Geldwäsche. Diese Forderungen hatte er zuletzt jedoch weniger deutlich wiederholt. In der Fraktionssitzung am Dienstag mahnten Teilnehmern zufolge etliche Abgeordnete an, die eigenen Bedingungen ernst zu nehmen.
Wie bei anderen Euro-Abstimmungen geht es auch im Falle Zyperns um parteitaktische Erwägungen. Merkel könnte bei einem Bundestagsvotum über Hilfszahlungen aus dem europäischen Rettungsschirm ESM auf die Sozialdemokraten angewiesen sein.
Im Jahr 2010 hatte sich die SPD bei zwei Euro-Abstimmungen enthalten, seitdem aber mehrheitlich stets mit der Bundesregierung für Rettungsmaßnahmen votiert. Zuletzt hatte die Bereitschaft der Abgeordneten zur weiteren Zusammenarbeit mit der Kanzlerin aber immer weiter abgenommen. Auch weil die volkswirtschaftliche Relevanz Zyperns nicht mit der Griechenlands oder Spaniens vergleichbar ist, fürchtet mancher in der SPD-Fraktionsspitze, dass sich im Falle des Inselstaats der Frust der eigenen Abgeordneten entladen könnte.
Quelle: Von Veit Medick, Spiegel Online